Virtual OS/2 International Consumer Education
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März 2003

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Kaffee ist fertig!

Ein Editorial von Christian Hennecke.

Jüngst wurden OS/2-Anwender durch zwei Nachrichten überrascht, die Einfluß auf die Zukunft von OS/2 und insbesondere eComStation haben könnten. Sie betreffen zum einen Java und zum anderen Virtual PC für OS/2. Für einen Kommentar zu Microsofts bevorstehende Übernahme von Connectix (Entwickler von Virtual PC) siehe Thomas Kleins Editorial »Die Borg aus Redmond assimilieren weiter!« in dieser Ausgabe.

Innotek, und nicht wie im letzten Jahr angekündigt Golden Code, hat eine Betaversion der Java 1.4.1_01 Laufzeitversion und des entsprechenden Entwicklerpakets zur Verfügung gestellt. Und das überraschenderweise kostenlos für Privatanwender. Zudem wird eComStation 1.1 laut Serenity Systems eine Lizenz zur kommerziellen Nutzung des Pakets enthalten. Als Systemvoraussetzungen werden unter Hinweis auf IBMs Supportrichtlinien Warp 4 mit mindestens Fixpak 16 oder entsprechende Convenience-Pak-Systeme (was eComStation einschließt) genannt. Eine Nutzung unter früheren Versionen soll möglich sein, unterliegt jedoch Einschränkungen des Supports. Welche Versionen von Warp 4 oder evtl. sogar Warp 3 dies umfaßt, ist nicht klar. Nichtsdestotrotz eine gute Nachricht, denn ansonsten hätten sich viele bald von der Nutzung und Entwicklung moderner Java-Programme ausgeschlossen gesehen.

Es gibt dabei zwei Punkte, welche einige Gemüter bereits reichlich erhitzt haben. Erstens handelt es sich bei Innoteks Java um die Windows-Version, welche mit Hilfe von Odin-Technologie unter OS/2 nutzbar gemacht wird. Zweitens wird von Golden Code immer noch an einer zweiten, nativen Java-Version gearbeitet. Was bedeutet dies nun? Ist es so schlimm, oder so gut, wie von den Verfechtern der jeweiligen Positionen behauptet wird? Betrachten wir sie einmal näher.

Innotek nennt für seine Art der Herangehensweise eine Reihe von Vorteilen. Dazu gehört die schnelle Verfügbarkeit von neuen Versionen und Fehlerkorrekturen, da vorhandene Windows-Versionen nur in Innoteks separates »OS/2 Kit« integriert werden müßten. Weiterhin werden wesentlich verbesserte Startzeiten der JVM von JFS-Laufwerken im Vergleich zu traditionellen Portierungen nach OS/2 aufgrund der schnelleren Lademöglichkeiten des Windows-Formats für ausführbare Dateien genannt. Schließlich soll aufgrund der Verwendung der optimierten Windows-Binärmodule und des Sun HotSpot JIT Compilers eine hohe Leistungsfähigkeit erreicht werden, wobei erwähnt wird, daß eine traditionelle Portierung typischerweise unter der für OS/2 verfügbaren veralteten Compiler-Technologie zu leiden hätte. Zutreffend oder nicht - diese Hinweise auf inhärente Vorteile des bösen W-Systems haben sich vorhersehbar als psychologisch äußerst ungeschickt erwiesen und so hat sich Innotek vor allem unter OS/2-Privatanwendern nicht gerade Freunde gemacht. Dabei sollte man jedoch die eigentliche Zielgruppe der Statements nicht außer acht lassen, und dabei handelt es sich gewiß nicht um Privatanwender mit einer starken emotionalen Bindung zu OS/2.

Dagegen werden Bedenken bezüglich Stabilität, Leistungsfähigkeit und Kompatibilität im Vergleich zu einer nativen OS/2-Portierung angeführt. Die Stabilität leide, da man nicht nur die Fehler der Windows-Version, sondern auch die der zwischen ihr und dem OS/2-System liegenden Odin-Ebene geliefert bekäme. Die zusätzliche Ebene beeinträchtige die Leistungsfähigkeit, da pro Befehl eine weitere Weiterleitung oder gegebenfalls komplette Nachbildung durchgeführt werden müsse. Dies verursache bei nicht vollkommen durchgeführter Nachbildung zu verringerter Kompatibilität bzw. verringertem Funktionsumfang. Als Hinweis auf die geringere Leistungsfähigkeit wurde in den internationalen Newsgruppen der Vergleich eines Java-Benchmarks zwischen 1.3.1 und 1.4.1_01 gepostet, welcher die Argumentation bezüglich der verminderten Leistungsfähigkeit zu bestätigen scheint.

Was ist nun an den Aussagen dran? Zu Stabilität und Kompatibilität läßt sich nach so kurzer Zeit noch keine Aussage treffen, auch da es sich noch um eine Betaversion handelt. Im direkten Vergleich mit der nativen JVM Java 1.3.1 für OS/2 zeigt sich bezüglich der Leistungsfähigkeit jedoch, daß die Wahrheit derzeit wie so oft eher irgendwo in der Mitte liegt und vom Nutzungsprofil abhängt.

Bei kleineren Anwendungen wie etwa Smartcache war auf dem Testrechner (mit AMD K6-III 400 CPU, 16 MB JFS-Cache, UW-SCSI-Festplatten) kaum ein Unterschied festzustellen. GUI-Applikationen fühlen sich in der Bedienung mit Innoteks Java-1.4.1-Paket besser an als bei IBMs Java 1.3.1, bei dem man öfters den Eindruck hat, mit dem Maus-Cursor in zähem Teig zu rühren. Je nach verwendeter Anwendung können die Unterschiede zwischen den JVMs jedoch geradezu eklatant werden. Im Vergleich zu IBMs Java startet jEdit 4.0.3 mit Innoteks Paket über 10 Sekunden und damit über 30% schneller! Ein klarer Gewinn besonders für Endanwender, die abwechselnd mit verschiedenen Java-Anwendungen arbeiten und diese nicht ständig geöffnet haben. Auch fällt bei jEdits Dialogen besonders der Unterschied beim o.g. »Teigeffekt« auf.

Anders sieht es jedoch bei Anwendungen aus, die eine Menge an komplexen Berechnungen ausführen. Beim Rendern von Bildern mit Art Of Illusion fiel der Unterschied ebenso krass aus, wie vorher beim Start von jEdit - nur diesmal zugunsten der JVM von IBM. Die Testszene wurde von der IBM-JVM in 21:26 Minuten berechnet, Innoteks Paket benötigte 34:26 Minuten. Je nachdem, für welche Prozessorfamilien die JVMs bei der Kompilierung optimiert wurden, kann dies bei aktuellen Prozessoren etwas anders aussehen. Zudem wurden hier zwei verschiedene Versionen eines Produktes verglichen. Dem Vernehmen nach bietet Innoteks Paket noch einigen Raum für Optimierungen. Man darf also gespannt sein.

Soweit zu den technischen Daten. Warum nun werden parallel zwei Java 1.4.x-Versionen entwickelt, die zudem noch ähnlich weit fortgeschritten sind (auch Golden Codes Version steht nicht weit vor der Beta-Phase)? Wie es scheint, wollten Golden Code und Innotek zuerst gemeinsam an diesem Projekt arbeiten, konnten sich dann jedoch nicht auf die Vorgehensweise nativ/Odin-gestützt einigen. Alles »Schwachsinn«?

Gründe für die Odin-gestützte Version wurden oben genannt, wobei vor allem die schnelle Verfügbarkeit neuer Versionen und Fehlerkorrekturen, wenn die Integrationsumgebung erst einmal steht, wichtig scheint. Bei einer nativen Version darf man ebenso entsprechende Fixes erwarten, neue Versionen dürften jedoch mehr Arbeit erfordern. Die Befürchtung, daß sich das Bangen darum, ob es die nächste Java-Version für OS/2 denn überhaupt geben werde, bald wieder einstellen könnte, ist also durchaus nachvollziehbar. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob es mit der Odin-gestützten JVM möglich sein wird, wirklich den vollen Leistungsumfang umzusetzen. Dies betrifft, wie man an Innoteks Statement zur MIDI-Unterstützung im Installationsprogramm erkennen kann, beispielsweise den Multimediasektor, OS/2s traditionellen Schwachpunkt. Zudem können nur TrueType-Schriften genutzt werden, wobei deren Installation nicht über die entsprechenden Standardelemente von OS/2 möglich ist.

Letztlich handelt es sich auch um eine politische Entscheidung. OS/2s Java-Implementierungen haben lange Zeit zu den schnellsten und besten gehört, sicher auch deshalb, weil IBM die Java-Strategie forcierte. Gibt es keine native JVM mehr, mag sich mancher fragen, was das System dann noch wert sein mag. (Daß eine neue JVM auf keinen Fall von IBM entwickelt wird, ist im Zeitalter des Outsourcings eher zweitrangig.) Dagegen ließe sich wiederum anführen, daß Java eigentlich für eine Odin-gestützte Umsetzung prädestiniert ist, da es alle grafischen Bedienelemente selbst darstellt und keine WPS-Unterstützung besitzt und somit das Fehlen der nativen PM-Kontrollen gar nicht auffällt.

Die Beweggründe sind also durchaus vielfältig. Letztendlich ist es eigentlich eine gute Sache, die Wahl zu haben und das Produkt auswählen zu können, das einem persönlich am meisten zusagt. Ich hoffe nur, daß dies nicht dazu führt, daß sich die beiden Implementierungen gegenseitig das Wasser abgraben und es sich schließlich für keine der beiden Firmen lohnt.

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Mark Dodel, Christian Hennecke und Jason R Stefanovich
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