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September 2000
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Canon FB1200S - ein (neuerdings) preiswerter Scanner für OS/2

Von Russell Kneebone ©September 2000, Übersetzung: Thomas Galley

Canon FB 1200S Scanner:http://www.ccsi.canon.com/canoscan/products/fb1200s/
                             und http://www.ccsi.canon.com/scanners/products/fb1200s/
CFM TWAIN: http://www.cfm.de/En/eprodukte_twain_all.htm
STI TWAIN: http://www.stiscan.com/drivers/twos2.html

(Anm. d. Übers.: Canon Deutschland verfolgt offenbar eine andere Preispolitik als Canon USA, zumindest ist der Preis auf der deutschen Homepage noch mit 999,- DM angegeben. Im Versand ist er zwar etwas günstiger, aber immer noch deutlich über den 900,- DM.)

Zuerst der Haftungsausschluss: Dies ist nicht wirklich ein Testbericht eines Scanners! Als Privatanwender bin ich dafür auch nicht wirklich qualifiziert. Dies handelt vielmehr davon, was ein typischer Privatanwender alles ertragen muss, um einen Scanner an einer OS/2- Maschine zum Laufen zu bekommen.

Während Scanner und Drucker in den Computergeschäften weitgehend dieselbe Welt bevölkern (will sagen: billige Plastikteile, die als "Bonus" mitverkauft werden), existieren sie in der Welt von OS/2 auf völlig verschiedenen Ebenen. OS/2 unterstützt sowohl Parallelport-Drucker als auch USB-Drucker, aber auf dem aktuellen Stand keine Scanner für den Parallelport oder die USB-Schnittstelle. Das OS/2-Motto heißt: SCSI oder gar nichts! OS/2 hat sich der großen Mehrheit der für Privatkunden gedachten Scanner entfremdet.

Sofern Sie keine Workstation, einen alten PS/2, eine Thinkpad Docking Station oder ein Laptop mit einem externen PCMCIA CD-ROM Ihr eigen nennen, oder nicht bereits eine SCSI- Karte in Ihrem PC installiert haben, heißt das, dass Sie Ihren PC aufschrauben müssen. Um spätere Probleme zu vermeiden, machen Sie vorab ein Backup Ihrer Arbeitsoberfläche.

Der Scanner

Als der Canon FB1200S für den "professionellen" Preis von 500 US Dollar auf den Markt kam, erzielte er recht gute Testergebnisse. Als Produkt richtete er sich an Werbeagenturen und preisbewusste Firmen. Einige hielten die verwendete Menge Plastik bei diesem Preis für etwas übertrieben, aber an der Leistung gab es kaum Kritik. Der Wettbewerb durch die USB Geräte, die einen vergleichbaren Datendurchsatz bieten und für deren Anschluss man nicht zum Schraubenzieher greifen muss, hat Canon dazu gezwungen, den Preis zunächst auf 300 US Dollar zu senken und vor kurzem sogar auf 150. Auf einigen Webseiten findet man ihn sogar für weniger als 130 Dollar (plus ca. 10 Dollar für den Versand). Canons Verlust ist Ihr Profit, denn für einen 1200x1200 DPI Scanner plus SCSI Adapter und Kabel ist das sicherlich ein Schnäppchen. Während manche Plastikscanner geradezu um das Adjektiv "billig" betteln, hat dieses Gerät ein gewisses Finish, ein nettes Canon Solutions Logo im Relief und eine Metallplakette. Es könnte sehr gut das attraktivste Gerät auf Ihrem Schreibtisch werden.


Dokumentation

Die Handbücher beziehen sich, wie allgemein üblich im Bereich der Hardware für Endkunden, auf Win 9x. Die Handbücher zu diesem Scanner gehen allerdings auch auf den Macintosh und Windows NT ein. Die OCR-Software gibt es allerdings nur für MS-Plattformen. Support für OS/2 und andere "alternative" Betriebssysteme gibt es nicht. Da der erste Teil des Handbuchs von der Installation der Hardware handelt, folgen Sie einfach dem Windows Abschnitt des Handbuchs.

Die SCSI Karte

Wenn es um SCSI geht, halte ich mich selbst für einen erfahrenen Anwender. Die erste SCSI Karte habe ich vor zehn Jahren in einen meiner Computer eingebaut. Das war ein Amiga 2000, ein echtes Plug & Play System. Seit damals hat die Anwenderfreundlichkeit nachgelassen.

Die beigelegte Karte, eine Adaptec 2903B PCI-SCSI Fast SCSI-2 Karte verwendet eine AIC-7850 Single Chip Lösung. Auf der Adaptec Webseite fällt sie in die Kategorie der 7800er Familie. Die Karte hat einen 25-pinnigen externen Anschluss und einen 50-pinnigen inneren zum Anschluss nicht bootfähiger Geräte. Zum Anschluss eines ZIP, eines ORB oder eines SCSI-2 Laufwerks sollte es völlig ausreichend sein, aber diese Konfigiuration habe ich nicht getestet. Die README-Datei von Adaptec warnt davor, dass OS/2 SCSI-Geräten standardmäßig Laufwerksbuchstaben vor IDE-Geräten zuteilt, seien Sie also vorsichtig mit Experimenten in dieser Richtung.

Abenteuer im "Plug and Pray"-Land

Warp 4.0 ist ein Plug and Play Betriebssystem, allerdings können Plug & Play Adapter sich auf unterschiedlichen Systemen unterschiedlich verhalten. Im Windows-Abschnitt des Handbuchs findet sich eine Warnung davor, der Karte einen IRQ kleiner als 9 zuzuweisen. Dies ist ein erster Hinweis darauf, dass die Plug & Play Implementation zu wünschen übrig lässt. Da die Karte keine Jumper hat und die OS/2-Treiber keine manuelle Zuordnung der Interrupts erlauben, war ich darauf vorbereitet, dass nach der Installation andere Karten evtl. nicht mehr laufen könnten. Hierin wurde ich nicht enttäuscht - die Soundkarte und meine Token Ring Netzwerkkarte (kein PnP) liefen nicht mehr.

Wenn ich diese Karte beschreiben sollte, würde ich sie im Hinblick auf die Behandlung von IRQs aggressiv nennen. Sie scheint sich einfach aufs Geratewohl den niedrigen IRQ zu nehmen, der ihr gerade in den Sinn kommt. Die niedrigen IRQs sind aber normalerweise schon vergeben: 3 für den COM-Port, 5 für die Soundkarte, 7 für den Parallelport und in meinem PC 9 für die Token Ring Karte. Beim ersten Versuch belegte die Karte Port 5 und als ich diesen durch die Einstellung "Legacy ISA" im Bios sperrte, belegte sie die 3. War dieser gesperrt, nahm sie sich Port 7, welcher bereits von USB verwendet wurde, und hängte sich auf, wenn ich den Scanner in Betrieb nahm. Nun wusste ich wenigstens, dass die Warnung vor IRQ-Sharing aus dem Windowsteil des Handbuchs auch für OS/2 galt. Der nächste logische Schritt war, Port 7 zu sperren. An dieser Stelle bekam ich meinen ersten Trap. Irgendwie habe ich an dieser Stelle aus einem seltsamen Grund mein IDE CD-ROM verloren. Nach ein wenig Nachdenken kam ich auf folgende Vorgehensweise: Da meine ISA Soundkarte es ermöglicht, einen IRQ über Treiberparameter einzustellen, könnte ich den Sound auf Port 11 legen und alle anderen Ports wieder freigeben, so dass die SCSI Karte sich Port 5 reservieren könnte... Nach wie vor: Kein CD-ROM. Nachdem die SCSI Karte aber den Scanner erkannte, entschloss ich mich weiterzugehen und den Scannertreiber zu installieren.

Treiberauswahl

Unter OS/2 gibt es zwei große Treiberfamilien für Scanner, SANE (Scanner Access Now Easy) und TWAIN (Technology Without An Interesting Name). Anwendungen, die mit Scannern zusammen arbeiten, wie z.B. GIMP oder PMView 2000 neigen dazu, nur eine dieser Familien zu unterstützen. Im Beispiel SANE für GIMP und TWAIN für PMView 2000 (glaube ich). Impos/2 nutzt eine eigene proprietäre Schnittstelle. Die vor kurzem erschienene Besprechnung eines HP Scanners im VOICE Newsletter hat gezeigt, dass die SANE-Lösung bessere Performance bietet, allerdings wird SANE analog zu Linux/GPL entwickelt (d.h. von den Besitzern der Scanner) und zur Zeit gibt es keine Unterstützung für den Canon. Ich vermute, dies ist auf den ursprünglich hohen Verkaufspreis zurückzuführen.

TWAIN Treiber

Canon stellt die TWAIN-Kompatibilität des FB1200S heraus, was uns wiederum zwei Möglichkeiten zur Auswahl lässt: CFM TWAIN für OS/2 (ein aktiv entwickeltes Produkt aus Deutschland) und STI TWAIN (ein weniger aktiv entwickeltes Produkt aus den USA). STI bietet zur Zeit keine Unterstützung für den Canon, allerdings bietet der Anbieter eine der für OS/2 erhältlichen OCR-Anwendungen an, deren Zielmarkt aber auch in der Preisgestaltung im professionellen Bereich liegt. Dies ist ein Batch Modus Programm. Die meines Wissens nach einzige andere OS/2-Lösung ist die Faxanwendung der Keller Group, die demnächst ersetzt werden soll. Ich habe die CFM TWAIN Demo von der Homepage runtergeladen und installiert. Nach dem Neustart habe ich versucht, die mitgelieferte Anwendung zu starten und ein Bild einzulesen, als einzigen Erfolg erhielt ich allerdings die Fehlermeldung, dass kein Scanner-Treiber installiert sei.

Der nervige Teil

An dieser Stelle wird es nervig. Mein System erkennt den Scanner beim Laden des SCSI-Treibers. Ich kann die ID des Adapters und das angeschlossene Gerät sehen. Ich kann auch sehen, dass der CFM-Treiber beim Hochfahren erfolgreich geladen wird (ich habe einen langsamen Computer). Im Windows-Teil des Handbuchs gibt es auch eine Warnung davor, den Scanner mit einem IRQ kleiner als 9 unter Windows zu betreiben. Dummerweise habe ich geglaubt, dies sei mein Problem und habe drei Abende damit verbracht, PnP dazu zu überreden, mir einen anderen IRQ zu geben. Stellen Sie sich das einmal vor: Ein OS/2 Anwender, der glaubt, Windows-Probleme würden auch ihn etwas angehen! Wie peinlich. Glücklicherweise hat mich eine rasche Antwort auf eine Mailanfrage an CFM auf die richtige Lösung gebracht: In der Demoversion ist der Support für den FB1200S noch nicht enthalten. Nachdem ich die erforderlichen Zeilen in die SCANNER.INI eingetragen hatte und die Treiberdatei kopiert hatte, voilà, Bilder!

CFM TWAIN

CFM versieht jeden mit ihrem Treiber erfolgten Scan mit einem Stempel, d.h., Sie können den Treiber auf seine Kompatibilität testen, aber Sie werden ihn kaum in der Demoversion weiterverwenden wollen. Wenn Sie zu denjenigen gehören, denen 61 Dollar ein wenig zu teuer für einen Treiber sind (vor allem, wenn man bedenkt, dass Windows-Treiber und -Software "umsonst" sind), tun Sie sich und der OS/2-Gemeinde einen Gefallen und kaufen Sie das Bundle aus PMView 2000 und CFM TWAIN bei Mensys für ca. 90 Dollar (Anm. d. Übers.: oder schauen sie bei Joshua.com vorbei) und reden Sie sich ein, sie hätten nur 30 Dollar für den Treiber bezahlt. Wenn sie es überhaupt nicht ertragen können, für Software zu bezahlen, sollten Sie zu Linux wechseln. PMView hat eine eigene Besprechung verdient, in diesem Rahmen soll es ausreichen, festzustellen, dass es sehr gut mit CFM TWAIN zusammenarbeitet.

Unterstützte Anwendungen

Über TWAIN wird Scanner-Unterstützung in einer ganzen Reihe von OS/2 Anwendungen realisiert. Embellish unterstützt das Scannen direkt über CFM TWAIN. TrueSpectras Photo>Graphics Pro unterstützt TWAIN leider über den STI Treiber. Meine größte Enttäuschung war allerdings, dass StarOffice 5.1a in der OS/2 Version kein TWAIN unterstützt. Dies könnte sich ändern, wenn SO unter die GPL gestellt wird (so es denn jemals einen OS/2-Port geben sollte), auf Grund der GPL könnte es allerdings sein, dass SO zu SANE wechseln müsste. Eine strikte Auslegung der GPL scheint die Entwicklung von Software zu verbieten, die auf Code basiert, der seinerseits nicht unter der GPL steht. Die GPL versucht, die Entstehung proprietärer Software zu verhindern, indem sie den Kontakt mit allem Proprietären verbietet.

Nachruf

Verglichen mit meinem alten Amiga ist der moderne PC ein furchtbares Durcheinander. Im Amiga konnte jedes Gerät sich selbst identifizieren, den Systembus belegen (Bus Mastering) und den gesamten Speicher ansprechen (DMA). Mit einer SCSI Karte in einem Zorro Slot gab es immer noch nur zwei verschiedene Bussysteme im Rechner. Ein typischer moderner PC hat einen Bus für den Speicher (Rambus oder SDRAM), die Grafik (AGP), Laufwerke (PCI), Unterstützung für Altlasten (ISA) und die Peripheriegeräte (USB). Dazu bringen wir noch den SCSI Bus, so dass alles in allem sechs Bussysteme insgesamt existieren. Da verwundert es nicht, das PnP so ein Glücksspiel ist.

Um sich so gut wie möglich vor der Unbill dieses Zustandes zu schützen, sollten Sie Ihre aktuelle IRQ-Belegung über RMVIEW /IRQ archivieren. Mit diesem Befehl können Sie eine Liste der IRQs in eine Datei sichern (wenigstens jene, die sich beim Hardwaremanager melden). Überprüfen Sie alle Readmes zu allen Treibern, die Sie in Ihrem System verwenden (vor allem zu Soundkarten), um herauszufinden, ob Sie IRQs manuell in der CONFIG.SYS einstellen können. Denken Sie zumindest darüber nach, COM3 (IRQ 3), den Parallelport (IRQ 7) oder die USB-Schnittstelle (IRQ 11) zu deaktivieren, wenn Sie sie nicht benötigen. Ich weiß nicht, ob die IRQs 1 und 12 frei werden, wenn Sie zu einer USB-Tastatur oder einer USB-Maus wechseln, oder ob irgendwelche anderen Geräte diese überhaupt belegen würden. Wenn zur Zeit keine SCSI Karten auf Ihrem System im Einsatz sind (also wenn die SCSI-Unterstützung unter Installation anpassen Keine sagt), überlegen Sie, ob Sie vor der Installation nicht auf ein früheres Fixpack-Level zurückgehen wollen. So können Sie, nachdem Sie den SCSI Support von der Original CD nachinstalliert haben, das aktuelle Fixpack wieder einspielen, und haben so ein in allen Komponenten aktuelles System. Falls Ihnen natürlich wie mir das CD Laufwerk abhanden kommen sollte, hat all das wenig Sinn. Kurz gesagt: Bereiten Sie sich auf alles vor.

Und ist es das alles wert? Auf jeden Fall! Einen SCSI Scanner, einen Adapter und ein Kabel für 150 Dollar, wenn allein Adapter und Kabel schon 50 Dollar wert sind. Aber lohnt sich die ganze Anstrengung? Sie könnten natürlich darauf warten, dass IBM (oder Serenity Systems) USB Support für Scanner entwickelt, aber IBM sieht Warp als Plattform für Server, und niemand schließt einen Scanner an einen Server an. Nebenbei gesagt, auch in der Windowswelt sind USB Scanner eine Quelle steten Ärgers (was wohl an verschiedenen verwendeten Chipsets liegt). USB 2.0 wird den Durchsatz noch weiter verbessern und die Chipset-Inkompatibilitäten hoffentlich aus der Welt schaffen, aber zum Preis absolut hirnlosen PnPs. USB wird immer mehr an SCSI erinnern. Aber dann werden Sie vielleicht nicht mehr die Gelegenheit haben, eine unpopuläre aber leistungsfähige Technik zu einem Preis zu erstehen, der dank Angebot und Nachfrage extrem günstig ist. SCSI ist genau wie OS/2: gelegentlich schwierig zu installieren, aber großartig, wenn es einmal läuft.

Anmerkung:
Ich konnte die Kontrolle über meine verwirrte Hardware zurückgewinnen, indem ich die Steckkarten umgesteckt habe. Meine nicht PNP-fähige Token-Ring Karte habe ich in den allerersten Steckplatz gesetzt und meine PnP- fähige Soundkarte in den letzten, aber ich weiß nicht, wieso diese Konfiguration funktioniert, eine andere aber nicht. Wie gesagt, in den letzten zehn Jahren ist für die Anwenderfreundlichkeit im Computerbereich nicht allzu viel getan worden.


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