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Juni 2001

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Zugriff verweigert

Ein Editorial von den Herausgebern des VOICE Newsletter.


Sie drücken sich nicht wirklich so deutlich aus. Sondern mehr in der Art wie "Die CD wurde nicht auf diesem Server gefunden", und man wundert sich erst einmal, ob irgendetwas nicht in Ordnung ist. Es ist jedoch eine Tatsache, daß Gracenote (Inhaber der CDDB) die Tür für alle Klienten, die nicht CDDB2 nutzen, geschlossen hat. Kann uns das nicht egal sein? Nun, ich denke, es sollte nicht.

Falls Sie nicht wissen, worüber ich hier überhaupt rede, CDDB bedeutet Compact Disk Database. Diese Datenbank enthält Informationen über eine riesige Menge an CDs inklusive Titel, Interpret, der Namen der Stücke, des Erscheinungsjahrs und des Genres, und sie läuft auf einem Server, auf den über das Internet zugegriffen werden kann. Ein Klient berechnet aus den auf der CD befindlichen Daten eine Identifikationsnummer und sendet sie an den Server, welcher im Gegenzug die Informationen zur entsprechenden CD zurückgibt. Damit kann man beispielsweise bequem eine Datenbank der eigenen CDs aufbauen und pflegen oder ein Cover für eine gerade gebrannte CD erstellen, da der Klient die Informationen einfach für den Nutzer eintragen kann.

CDDB2 bietet zwar ein paar Vorteile gegenüber der alten CDDB wie bessere Unterstützung für Sonderzeichen und detaillliertere Informationen, aber es gibt gewichtige Gründe sowohl für Entwickler als auch Anwender, die gegen eine Nutzung sprechen, einmal ganz davon abgesehen, daß OS/2 Anwender sie nicht nutzen können, da sie weder für OS/2 erhältlich ist noch sein wird (wenn man einmal Odin beiseite läßt).

Im Gegensatz zu CDDB, für die ein klar definiertes Protokoll vorhanden war, das leicht von den Entwicklern implementiert werden konnte, müssen CDDB2 Applikationen eine proprietäre Windows-DLL benutzen, die auch für eine Anzahl von Unices portiert wurde. Wer weiß schon genau, was diese "Black Box" alles an Gracenotes Server übermittelt? Wenn man einmal einen Blick auf die Lizenz wirft, tauchen leicht gewisse Verdachtsmomente bezüglich dieses Themas auf, von anderen ganz zu schweigen. Jeder Nutzer muß sich erst einmal anmelden und dabei diverse Informationen zu seiner/ihrer Person angeben. Laut Lizenz können diese Informationen und solche, die durch die Aufzeichnung der Abfragen gewonnen werden, zur Erstellung von Nutzerprofilen und für Werbezwecke verwendet werden. Orwell läßt grüßen...

Zudem binden sich Entwickler mit Unterzeichnung des Lizenzvertrages exklusiv an CDDB2. CDDB2 duldet keine anderen Götter - Entschuldigung, Datenbanken - neben sich. Gracenote akzeptiert noch nicht einmal getrennte Versionen eines Programmes, die jeweils nur die Verbindung zu einer einzigen Datenbank erlauben. Infolgedessen werden die Anwender von Alternativen abgeschnitten, ihre Freiheit zu wählen wird Makulatur.

Schließlich wird der Service nicht mehr kostenfrei sein. Die Entwickler werden dafür zahlen müssen, CDDB2 mit ihren Anwendungen zu unterstützen - und das abhängig von der Anzahl der Nutzer und pro Jahr! Und Anfragen von raubkopierten Versionen zählen natürlich mit. Man kann sich das Ergebnis leicht ausrechnen: Keine kostenlosen Updates mehr, durch die Bank höhere Registriergebühren und keine Freeware-Anwendungen mit CDDB2-Unterstützung.

Die Anwender werden diesen verbesserten Service also teuer bezahlen. Recht interessant, besonders da CDDB einmal als privates, nicht-kommerzielles Projekt angefangen hat und erst durch seine Nutzer, die ohne direkte Gegenleistung die Daten ihrer ganzen CD-Sammlungen eingespeist haben, groß geworden ist. Ich kann nicht anders, als mit diesem Vorgehen den Begriff Diebstahl zu verbinden. Neuerdings kann man noch Mißbrauch hinzufügen, nachdem Gracenote mit Napster/Bertelsmann einen Vertrag über die Hilfe bei der Ausfilterung von Angeboten unerwünschter Titel aus Napster abgeschlossen hat.

Gracenote hat offensichtlich gut beim Meistermonopolisten der dunklen Seite, Microsoft selbst, gelernt. Vielleicht zu gut. Als Gracenote anfänglich seine neuen Pläne veröffentlicht hatte, kümmerte dies kaum jemanden. Ein paar Leute jedoch schufen eine Alternative zu CDDB namens FreeDB. Diese Datenbank wird unter der GNU General Public License betrieben und verwendet das alte standardmäßige CDDB Protokoll, so daß jeder Klient, der für die Nutzung eines anderen Servers als cddb.com konfiguriert werden kann, in der Lage ist, FreeDB zu nutzen. Es fing mit einer relativ kleinen Datenbank, wenigen Servern (3, als ich sie entdeckte) und einer kleinen Website an, aber mittlerweile haben sie enorme Fortschritte gemacht. Es ist sogar möglich, den kompletten Datenbestand herunterzuladen, was bei CDDB.com schon seit Jahren nicht mehr möglich ist. Dank dieser Alternative scheint sich Gracenotes Strategie nun als Bumerang zu erweisen. Demnach zu urteilen, was man im Netz so hört, haben Un*x-Entwickler CDDB2 fast komplett zugunsten von FreeDB fallengelassen und dieser Trend scheint nun auch auf die Windows-Plattform überzugreifen. Beispielsweise haben die Entwickler von Feurio!, einer beliebten Shareware CD-Brenner-Software aus Deutschland, schon vor Monaten beschlossen, CDDB2 nicht zu unterstützen.

Wie sieht nun die Zukunft für OS/2-Anwender aus? Nun, meines Wissens sollte jede existierende OS/2-Applikation mit CDDB-Unterstützung den FreeDB-Service nutzen können. Sie müssen vielleicht die Adresse ändern, aber das wäre es dann auch. Die Pakete, die noch aktiv gepflegt werden, sind mittlerweile zur Nutzung von FreeDB vorkonfiguriert. Auf der FreeDB Homepage finden sich dazu auch ein paar Links. Bis jetzt fehlt den OS/2-Applikationen nur eine wichtige Funktion: Die Möglichkeit, Daten in die FreeDB-Datenbank einzuspeisen. Ich hoffe doch sehr, daß dies bald implementiert wird. Schließlich sollte dieses Verhältnis keinen parasitären Charakter annehmen, nicht wahr? Es gibt also keinen wirklichen Grund, CDDB2-Applikationen für andere Betriebssysteme zu verwenden, beispielsweise mit Odin. Stattdessen möchte ich Sie darin bestärken, nur FreeDB und nur mit nativen OS/2-Applikationen zu nutzen und Daten zu fehlenden CDs einzuspeisen, sobald es möglich ist.

Das Verhalten Gracenotes darf nicht toleriert werden. Es ist höchste Zeit, daß die Anwender aufhören, alles zu schlucken, was die Monopolisten ihnen vorsetzen. Gracenotes und Microsofts (denken Sie nur an deren Plan, Lizenzen an die Hardware zu binden) aktuelle Strategien zeigen klar, daß die Situation sich noch verschlimmern wird. Schreiben Sie an Gracenote unter licensing@gracenote.com und teilen Sie ihnen bestimmt, aber höflich Ihre Meinung dazu mit. Dies ist die Chance für Anwender klarzumachen: Bis hierher und nicht weiter. Führen Sie ihnen vor Augen, daß für Ihre Geldbeutel und persönlichen Daten gilt: Zugriff verweigert!


Neues vom VOICE Server: Wir haben nun auch eine gesicherte Seite unter https://www.os2voice.com, die aber noch keine Funktionalität besitzt. Die neue Domain wurde VOICE von Internet Walkabout gestiftet. Außerdem hat VOICE ein Thawte SSL Server Authentifizierungszertifikat erworben.

Im Mai fanden zwei allgemeine Sitzungen am 7. und 21. Mai um 8PM EST (00:00 GMT, 02:00 MESZ) statt. Die Protokolle dieser Sitzungen und anderer VOICE IRC-Veranstaltungen können Sie unter http://de.os2voice.org/transcripts.html einsehen. Diesen Monat ist ein allgemeines Treffen für Montag, den 18. Mai um 8PM EST (00:00GMT, 02:00 MESZ) angesetzt. Außerdem soll ein SpeakUp mit Sundial Systems am 4. Juni um 8PM (0:00 GMT, 02:00 MESZ) stattfinden. Weitere Informationen bezüglich der Teilnahme an den VOICE Online-Sitzungen im IRC entnehmen Sie bitte der Seite http://de.os2voice.org/meetinginfo.html.

Wenn Sie eine Idee für eine Speakup-Veranstaltung haben, senden Sie diese bitte an liaison@os2voice.org, und wir werden versuchen, etwas auf die Beine zu stellen. Ebenfalls auf dem Plan stehen die wöchentlichen Treffen des Warp Doctor Teams in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag um 9PM EST (01:00 GMT, 02:00 Uhr MESZ). Vergessen Sie nicht, den aktuellen VOICE Future Events Calendar in diesem Newsletter oder auf der VOICE Website unter http://de.os2voice.org/calendar.html anzuschauen, um mehr über zukünftige VOICE-Veranstaltungen zu erfahren.

Diesen Monat beginnen wir mit einer Besprechung von FileStar/2 V2.10, eines PM-Dateimanagers mit umfangreicher Funktionalität, von Bob Stan. Danach berichtet Chris Ayers von seinem Unternehmungen zum Update eines alten Rechners in Wiederbelebung eines AT Gehäuses.

Anschließend präsentiert Isaac Leung die Ergebnisse seiner Untersuchung des RAD-Tools Simplicity für Javavon Data Representations, gefolgt von Don Eitners Kommentaren zum bevorstehenden Release von eComStation in eComStation Preview - Es wird langsam Zeit. Don versorgt uns mit den zum Zeitpunkt des Schreibens neuesten Fakten und seinen Erfahrungen mit der Preview.

Dieses Jahr findet Warpstock zum ersten Mal außerhalb der USA statt: in in Toronto, Canada. Lesen Sie darüber, was bei der Planung schon im Gange ist und was diese Stadt Ihnen außer Computerkram noch zu bieten hat: Canada heißt Warpstock 2001 willkommen! Der eComStation Release steht unmittelbar bevor, und Frank Berke nimmt dies zum Anlaß, einmal einen Schritt zurückzutreten, sich umzuschauen und ein paar wichtige Dinge in allen Bereichen anzusprechen: Quo vadis, OS/2?

Schließlich haben wir wie immer die OS/2 Tips Seite und Leserbriefe, Addenda, Errata. Wenn Sie irgendwelche Tips zu OS/2 oder eCS entdeckt haben, senden Sie diese bitte an tips@os2voice.org. Wenn Sie irgendwelche Kommentare oder Vorschläge den Newsletter oder die Artikel darin betreffend abgeben möchten, senden Sie diese bitte an editor@os2voice.org.

Das wäre es für diesen Monat. Bis jetzt stehen für Juli Artikel über die endgültige eComStation-Version von Isaac Leung und Don Eitner auf dem Programm. Die Besprechung des Java Gnutella Klienten Limewire von Frank Berke haben wir verschoben, um Frank die Möglichkeit zu geben, einen näheren Blick auf die neue Version zu werfen. Manfred Agne wird uns die bekannte alte Bildbearbeitung Impos/2 einmal aus einem anderen Blickwinkel präsentieren. Außerdem befindet sich noch eine detaillierte Besprechung von Xact 7.x von Stefan Deutscher in Arbeit, der Veröffentlichungszeitpunkt steht jedoch noch nicht fest.

Wir sind wie immer an Ihren Gedanken und Ansichten zu OS/2-bezogenen Themen interessiert und sehen genauso gerne Essays wie Hardware-/Softwarebesprechungen. Wenn Sie mit einem eigenen Artikel helfen können, nehmen Sie bitte über editor@os2voice.org Kontakt zu mir auf. (Richtlinien für Beiträge zum VOICE Newsletter)

Mark Dodel und Christian Hennecke
Herausgeber, VOICE Newsletter
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